Schwierige Zeiten in San Martin !


Vulkanasche fällt aus dunklen Wolken auf die Skipisten am Chapelco – hat die Natur die Wintersaison 2011 schon abgeblasen?

Hundert Pesos fallen aus dunklen Taschen in die Hände mancher Passanten – hat die Korruption die Bürgermeisterwahl schon gekippt?

Sehe nur ich alles (ein bisschen?) zu schwarz?

Die Leute auf der Strasse tragen wie immer ihr übliches “don’t worry – Gesicht”, jeder tut so als ob gerade ihn das nichts angehe.
“Todo bien” eben, alles bestens, ich bin ja in Argentina.

Mir können verdorbene Wintersaison und sichtbare Korruption eigentlich egal sein.
Trotzdem bin ich genervt. Weniger wegen der Kapriolen der Natur, mehr wegen dieses arroganten “was soll’s”-Schulterzuckens. Am meisten aber wegen der dumm-dreisten Bestechungsmethoden im Wahlkampf. Und ich kann mich nicht entscheiden, ob es die Dummheit oder die Dreistigkeit der Akteure ist, die mich mehr abstößt.

Da gibt es zum Beispiel einen Kandidat, der aus dem Nichts auftaucht und offenbar mit unerschöpflichem Budget aus dem Netzwerk des (nationalen) Präsidentenclans ausgestattet ist.
Im Interview mit einer populären Online-Zeitung erklärt er, dass er die lokale Bürokratie soweit ausschalten will, dass sie den Kapitalisten, die hier investieren (Geld waschen?) wollen, nicht mehr im Weg steht.
Logisch, dass die Drahtzieher im Hintergrund das mit, ahem, Erstaunen lesen und “Wiedergutmachung” verlangen. Also ruft unser Kandidat bei der Chefredakteurin an und fragt wie viel Dinero sie brauche um das Interview, das bereits online zu lesen war, zurück zu ziehen!
Ist das zu glauben?

Was Dummheit angeht wird es aber noch besser: auf der Strasse verteilt er, oder seine Kumpane, hundert Peso Lappen und bittet die Auserwählten damit für ihn zu stimmen.
Was passiert? Beim Auszählen der Stimmen findet sich in einem Umschlag eine Hunderternote!
Erinnert sich jemand an die Geschichten von Schilda????

Ebenso “subtil” war sein Versuch mit Einkaufsgutscheinen von hundert Pesos für einen bekannten lokalen Früchte- und Gemüsemarkt Wähler zu gewinnen. Immerhin hat er damit einen Kombattanten seiner Kampagne identifiziert.

Die Natur, der Vulkan in diesem Fall, war dann dafür verantwortlich, dass er am Wahltag mit vollem Einsatz und offenem Visier kämpfte. Als die Asche vom Himmel fiel hörte man erst von “seinem” Radio, dass man bei diesen Bedingungen am besten zuhause bleiben solle. Dann fuhren plötzlich eine ganze Menge Taxis mit seinem orangenen Poster hinter der Scheibe herum…
Vierhundert Peso war angeblich der Pauschalverdienst der geneigten Taxistas für einen Nachmittag Wahlhilfe. Das ist knapp die Hälfte meines monatlichen Lebensmittelbudgets.

Sein Resultat? Ein Überraschungserfolg: er brachte sich und zwei Kumpane in den elfköpfigen Gemeinderat. Offenbar beeindruckte seine “Großzügigkeit” einen großen Teil des Wahlvolks mehr als seine Dummheit und Dreistigkeit.

Das macht mich wütend, denn es demonstriert die hier übliche Taktik im Kampf um politische Macht: das ungeschminkte, skrupellose Kaufen der armen und schlecht ausgebildeten Volksschichten.

“Peronismo ist das”, klärt mich Eliseo auf, “und der herrscht im ganzen Land. Einmal bin ich kurz vor einer Wahl mit dem Taxi durch eines der ärmeren Viertel von Buenos Aires gefahren. Auf allen Dächern brand neue Wassertanks. ‘ Siehst Du das?’ fragte mich der Chauffeur, ‘gesponsort von der Regierung!’ Und rate mal für wen die Leute hier stimmen werden…”

Es scheint als habe man sich hier daran gewöhnt. Die Wahl ist vorbei, die Plakate werden abmontiert.

Wahlplakat


Jetzt ist der Abstieg des Rekordmeisters River in die zweite Fussballliga d a s Thema.

Im Radio wird kurz gejammert, ein bisschen über die Korruption, mehr über den Mangel an Schnee, mit Tränen über “pobre River”, und dann heißt es :”…aber lassen wir uns doch davon nicht den Tag verderben!”

“Todo bien” in Argentina, siempre, auch in schwierigen Zeiten !!!

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